Zuletzt war ich da 2003, gestern entschloss ich mich kurzfristig dazu, heute mal wieder hinzufahren. Bis Celle kommt man mit dem Zug noch gut (Liegt auf der Metronom-Achse zwischen Hamburg und Uelzen über Hannover, auch einige IC halten da), aber die Busverbindung ist nicht so gut. Es gibt zwar eine Haltestelle direkt vor dem Bad, da fährt aber am Wochenende praktisch nix hin, und wenn, nur mit 2x umsteigen. Fährt man aber vom Bahnhof bis Schlossplatz/Museum oder Thaerplatz, dann kann man durch den französischen Garten laufen und hat noch ca. 500m Fußweg. Auch ein Fahrrad kann man mitnehmen, vom Bahnhof sind es etwa 2,5km.
Gegen 9:30 war ich im Bad, trotz des schlechten Wetters öffnete die Freibadrutsche kurz vor 10. Gegen 12 Uhr machte dann auch der Wildwasserfluss auf, der eigentliche Grund meines Besuchs.
Zum Bad selbst gibt es nicht viel zu sagen - ein Stadtschwimmbad aus den 70ern/frühen 80ern eben. Die Halle des Schwimmerbeckens hat man mit einem schönen Wandbild mit Küstenmotiven angehübscht.
Das Schwimmerbecken ist 25m lang, hat einen Nichtschwimmerbereich und einen 1- und 3m-Sprungturm - also Standardkost. Daneben gibt es ein Planschbecken mit zwei Kinderrutschen.
Das Erlebnisbecken ist eher klein, hat ein bisschen sprudelndes und einen kleinen Strömungskanal, den ich heute aber nicht in Aktion gesehen habe.
EDIT: Weiterhin gibt es noch etwas versteckt ein kleines Sole-Bewegungsbecken.
Im Freibad gibt es ein großes Mehrzweckbecken mit 50m-Bahnen.
Aber das Highlight sind definitiv die drei großen Rutschen.
Im Freibad steht eine 89m lange, 8,9m hohe Freirutsche von Kanab. Ich hielt sie wegen der Stützkonstruktion und wegen eines alten Fotos des Auslaufs für eine Rolba, aber bei genauem Hinsehen sieht man, dass es eine Kanab ist. Vielleicht war es anfangs auch mal eine Rolba, die später durch eine identische Kanab ersetzt wurde. Leider konnte ich darüber keine Informationen in Erfahrung bringen.
Die Bahn wurde mittlerweile außen weiß angemalt, die Rutschfläche fugenlos neu beschichtet, so dass sie sich jetzt anfühlt wie eine Rutsche außen. Trotzdem hat sie nichts ihres alten Charakters eingebüßt. Ohne Rutschtechnik ist es eine sehr langsame, typische Freibadrutsche. Nimmt man sie sportlich, bricht man zwar auch keine Geschwindigkeitsrekorde, aber der Verlauf (Schlangenlinien, typisch Anfang-80er) hat etwas besonderes. Ein Beispiel: Es kommt eine Rechtskurve. Man schwingt nach links. Dann kommt ein gerades Stück, so dass man wieder rechts, links, rechts schwingt. Beim zweiten "Rechts" folgt dann die Linkskurve. Das wiederholt sich einige Male, so dass man sich bis in die Seitenblenden aufschaukeln kann, wenn man sich geschickt anstellt. Gekrönt wird das ganze von einem Jump mit anschließendem Plumpsauslauf, aus dem man seitlich heraus schießt. Trotz der geringen Geschwindigkeit eine Top-Rutsche.
Die Anlagen in der Halle stellen aber alles in den Schatten. Es gibt hier zum einen eine Tunnelrutsche, ebenfalls von Kanab. Die Angaben lesen sich nicht spannend: 60,9m Länge bei 6,1m Höhenunterschied. Aber das täuscht. Die Rutsche hat den höchsten Schwierigkeitsgrad, und der ist berechtigt! Anfangs geht es noch recht langsam durch eine Rechts-Links-Rechts-Kombi, danach folgt aber eine Helix, in der man immer schneller wird. Die obere Hälfte wurde mit neuen Segmenten ausgebessert. Die sind aus einem neuen sehr glatten GFK und fühlen sich wie eingeölt an. Ähnlich wie in Vegesack. Auf der Helix baut man folglich einen Mordsspeed auf. Die zweite Bahnhälfte verläuft unterirdisch, hier ist die Rutsche noch die alte, aber ebenfalls fugenlos neu beschichtet. Und hier hat man wohl über das GFK noch Lackfarbe gepinselt, denn die Rutschfläche ist viel glatter als sonst bei so ausgebesserten Rutschen. Man behält den Speed bei, und dann: Links, Rechts, Jump, Plumpsauslauf! In der Linkskurve schleudert man an die Seitennaht, in der darauf folgenden Rechtskurve tatsächlich DARÜBER HINWEG! Man rutscht an der TUNNELABDECKUNG! Den Jump überfliegt man, donnert unten wieder hinein, schwingt abermals nach rechts und schießt seitlich aus der Rutsche ins Erlebnisbecken. Man kann diesen Teil mit dem letzten Abschnitt der Black Hole in Osnabrück vergleichen, aber die hier ist heftiger. So extrem habe ich die Bahn nicht in Erinnerung. Eine Zeitmessung komplettiert das ganze. Bahnrekord sind 9,36s, ich habe 10,37 geschafft. Die Segmentübergänge im erneuerten Teil sind leider etwas hart. Aber sie tun nicht weh, sondern rumpeln nur.
Ebenso gut ist der Wildwasserfluss, hier "Wildbergbach" genannt. Er wurde vor 3-4 Jahren komplett restauriert. Und tatsächlich: Er kam mir anders vor als ich ihn in Erinnerung hatte. Er bestand nicht mehr aus lackiertem Beton, sondern aus GFK. Allerdings nicht aus Rutschensegmenten wie die neuen Wildwasserflüsse, sondern GFK-ummantelter Beton.
Der Bahnverlauf ist gleich geblieben. Der Fluss hat leider etwas von seiner Heftigkeit eingebüßt, aber er ist immer noch der beste, den ich kenne. Die Rutschenteile sind eher zaghaft, das waren sie damals auch schon. Man ist jedoch recht fix unterwegs. Aber in den Zwischenbecken herrscht eine mordsmäßige Strömung. Leider zieht sie einen nicht mehr nach unten, da wurde wohl etwas "optimiert". Aber es ist immer noch schwer, gegen sie anzukämpfen, um weiterrutschen zu können. Und man bekommt beim Landen mit schöner Regelmäßigkeit eine dicke Nasenspülung verabreicht. Im zweiten Zwischenbecken wird man dann richtig zum Spielball der Wassermassen, man fühlt sich wie in einer Waschmaschine. Danach gibt es noch eine kurze Tunnelrutsche (ca. 5m), die mit Plumpsauslauf ebenfalls im Erlebnisbecken endet.
Leider fehlt eine Herstellerangabe, ich schätze aber, dass die Bahn von Klarer ist. Sie sieht von ihrer Machart sehr danach aus. Auch Längen- und Höhenangabe fehlt. Ich habe in der Vergangenheit viele verschiedene Angaben gehört, von 36m bis 66m. Ich schätze die Rutschenteile zusammen auf ca. 35-40m, inkl. Zwischenbecken kommen wohl irgendwas bei 55-60m hin. Kurz für einen Wildwasserfluss, aber er hat eine unübliche Starthöhe von geschätzt 4m! Ebenso eine Top-Rutsche, die den höchsten Schwierigkeitsgrad verdient hat. Sie ist für geübte Schwimmer ab 10 Jahren zugelassen.
Rutschenfan? Darf es heftig sein? Sind blaue Flecken erlaubt? Dann fahr nach Celle! Egal wie weit weg, jeder einzelne Kilometer lohnt für dieses Bad! Allerdings unbedingt in der Freibadsaison, damit man die Freirutsche draußen rutschen kann. Und am besten vorher anrufen wegen des Wildwasserflusses, der ist nämlich abhängig vom Besucheraufkommen in Betrieb, in der Regel ab 11 oder 12 Uhr.
Noch ein Hinweis wegen der Bilder: Besser vorher die Sache mit den Fotos abklären, denn im Bad herrscht striktes Fotoverbot.