Letzten Sommer habe ich eine 9-Euro-Freibadtour zu den unbekanntesten Rutschen von MV unternommen, sodass ich jetzt stolz diese Liste präsentieren kann (sortiert nach Attraktivität der Bäder, in erster Linie für Rutscher). Manche Besuche sind also aktuell, andere liegen Jahre zurück.
1. Hansedom Stralsund
Dieses große und wunderbar im Maya-Dschungel-Stil gestaltete Erlebnisbad mit Wellenbecken und zwei Strömungskreiseln ist für Rutscher und Familien mit größeren Kindern das beste Bad in MV. In der verwinkelten Beckenlandschaft verbergen sich
- der beste Wildwasserfluss Norddeutschlands und nach Karlsruhe wohl auch der zweitbeste und zweitextremste Deutschlands, mit zwei seitlichen Zwischenbecken, wunderschöner Felslandschaft, zwei kurzen Tunnelstrecken, starken Strömungen und einem brutalen Plumpsauslauf in einer Höhle
- eine schnelle Turbo mit klassischem Verlauf
- eine Black Hole mit Leuchtbildern und Lauflichtringen, ziemlich schnell mit steilem Jump
- eine ungewöhnlich große Breitrutsche mit mehreren Wellen und Plumpsauslauf ins Erlebnisbecken
- eine rote Röhre mit leuchtenden Bildern, seit der Neubeschichtung sehr langsam
2. Wonnemar Wismar
Viele Mecklenburger Kinder haben ihre persönlichen Erinnerungen an den Rutschenturm im Wonnemar - von dicken Freunden, die in der Rutsche steckenbleiben, bis zu einem plötzlichen Ausfall der Pumpen. Dieses Bad ist bei Familien deutlich bekannter und beliebter als der Hansedom, was ich nur bei Familien mit ganz kleinen Kindern nachvollziehen kann.
Die Gestaltung und Beckenlandschaft sind in Wismar nicht ganz so umfangreich, die Wellen etwas schwächer und es gibt deutlich weniger Whirlpools (nämlich nur einen). Dafür sind der Plantschbereich für kleine Kinder und die Saunalandschaft größer. Und quantitativ gibt es mehr Rutschen.
- schnelle, spaßige Kamikaze mit kurzem und langem Steilstück indoor im Rutschenturm
- sehr rasante Rafting-Slide-Reifenrutsche mit Zwischenbecken über dem Wellenbecken und dunklem Abschnitt
- gute Black Hole mit diversen Lichteffekten und steilem Jump am Ende
- Crazy River mit witzigen Kurvenumschwüngen und Zwischenbecken im Rutschenturm
- nette Turbo im mittleren Stockwerk, Verlauf als Kurve
- Standard-Roigk-Breitrutsche ins Wellenbecken
- (nette Kinderturbo bis 12 Jahre)
(Direkt hinter der Grenze auf Usedom und damit fast in MV liegt der polnische Baltic Parc Molo mit Trichter, Reifenrutsche und zwei Turbos, den ich an dieser Stelle ins Ranking einordnen würde.)
(Das geschlossene Spaßbad Samoa in Warnemünde konnte ich leider nie ausprobieren, aber mit zwei Reifenröhren, Black Hole und Turbo stünde es in der Liste vermutlich hier.)
3. Van der Valk Linstow
Ich bin zwar kein großer Fan vom Van der Valk, aber neben Wismar und Stralsund war es nun einmal lange das einzige andere Bad mit mehr als zwei richtigen Rutschen. Es gehört zu einem Ferienpark und ist deutlich bescheidener im Vergleich zu den ersten beiden Plätzen: Ein Erlebnisbecken ohne viel Erlebnis, drei Whirlpools, ein gutes Kinderbecken und ein eiskaltes Außenbecken. Die Beckenlandschaft ist teils mit Felsen und teils in weißer Optik dekoriert, die wohl edel wirken soll, was aber teilweise der Zahn der Zeit deutlich verhindert. Die Röhrenrutschen wurden von außen weiß bepinselt und sehen dadurch von innen irgendwie schmutzig aus.
- Der Wildbach läuft einmal stündlich für einige Minuten. Er startet leider hinten im Außenbecken, sodass jeder Rutsch Überwindung kostet. Wenn man außerdem noch die schmuddeligen Fliesen und vergammelten Blätter im Auslaufbecken ignoriert, ist die Rutsche trotz ihrer Kürze echt gut. Besonders auffällig sind die riesigen Röhren, aus denen am Start dicke Wasserstrahlen hervorquellen. In der Mitte der eher kurzen Strecke wartet ein seitliches Zwischenbecken, wobei man auch angehalten und unter Wasser gezogen wird, wenn man eigentlich gar nicht richtig im Becken ist. Es fließt wirklich viel Wasser und es herrschen kräftige Strömungen. Nicht nur der zweitbeste Wildbach in MV (da gibt es ja nur zwei), sondern in ganz Norddeutschland (besser als in Norderstedt, St. Peter Ording und Celle).
- Die untere Röhrenrutsche endet nach ein paar Kurven mit einem sehr steilen Jump und einem Plumpsauslauf, die macht auch eine Menge Spaß.
- Die Breitrutsche ist außerordentlich steil und führt ins Erlebnisbecken. Früher bestand sie aus rauem Kunststoff, heute aus Edelstahl.
- Die obere Röhrenrutsche ist die höchste, aber auch langweiligste im Bad. Sie besteht nur aus Geraden und leichten Rechtskurven, im Plumpsauslauf neben der anderen Röhre landet man dann auch mit deutlich weniger Schmackes.
- (Eine Kinderröhrenrutsche ist auch dabei.)
[Nachtrag April 2023]
4. Oase Güstrow
Nach dem überraschenden Hinweis von Marzok (danke nochmal) Zeit für eine Rückkehr in die seit meinem letzten Besuch zweimal umgebaute Oase. Was mag sich wohl alles verändert haben? Hm, eigentlich gar nicht so viel. Das Sportbecken im Nebenraum, das Plantschbecken mit Wasserschlange und das vollgestopfte kompakte Erlebnisbecken sind genau da, wo ich sie vor 15 Jahren zurückgelassen haben. Der Wasserigel im Außenbecken ist dem Aussehen nach noch exakt derselbe. Der rasante Strömungskanal läuft nicht mehr permanent, aber immer noch oft. Die Palme in seiner Mitte ist verschwunden - wie überhaupt alles Grünzeug, nun wurde alles auf modern mit blauen Mosaikfliesen getrimmt, schade eigentlich. Und wo einst das Badehosenrestaurant stand, hat sich ein breiter Whirlpool breitgemacht. Überaus positiv sind mir die Temperaturen von Luft, Wasser und Boden aufgefallen, hier friert man endlich mal trotz Energiekrise kein bisschen - außer im Rutschenwasser.
Hmm, schwierig - soll ich die Oase nicht doch lieber über dem Van der Valk platzieren? In Punkto Temperatur liegt die Oase zwar weit vorn, in Punkto Rutschengestaltung zumindest ein bisschen, in Punkto enge Beckenlandschaft sind beide etwa gleichauf, aber bezüglich der Beckengestaltung und Intensität der Rutschen muss ich dem Van der Valk den Vorzug geben.
- Speed Rider ist eine White-Hole-Turborutsche vom Hersteller Watergames & More aus den Niederlanden. Obwohl der Name des Herstellers etwas anderes ahnen lässt, enthält sie keine Effekte (außer man zählt die Ampel mit, deren Design an einen Touchpoint erinnert). Etwas ungewöhnlich und unerwartet witzig ist die erste, enge Kurve - wer die Arme hinterm Kopf verschränkt, statt sie über der Brust zu kreuzen, kann sich hier den Ellbogen stoßen. Anschließend geht es im klassischen Turborutschenverlauf (Drop+Kurve) in den Keller. Eine gute Anfängerturbo für Kinder, etwas weniger intensiv als in Wismar, aber für erfahrene auch spaßig, gerade durch die Zeitmessanlage.
- Vom selben Hersteller stammt Challenger, eine moderne White-Hole-Themingrutsche. Am Start wählt man zwischen den Themen Neutral, Tiefsee, Weltraum, Disco, Magie und Dschungel. (Das Display funktioniert selbst bei triefnassen Fingern tadellos, das habe ich so noch nie erlebt.) Die Entscheidung beeinflusst folgende Lichteffekte: Elektrische Lichtringe in jeder möglichen Variante (ringförmig, vertikal, als Netztunnel, spiralförmig) leuchten in geringfügig anderer Frequenz und etwas anderer Farbmischung. (Nur bei Neutral sind sie komplett aus). Ähnlich verhält es sich mit den 10 bunten Touchpoints, die die Rutsche zusammen mit einer Zeitmessung aufwerten. Dazu kommen Soundeffekte, die zwar nur manchmal bei manchen Themen zu hören sind, dafür aber mitunter sogar reagieren, wenn man einen Touchpoint berührt.
Etwas Fantasie braucht man schon, um sich in der immer noch größtenteils weißen Röhre ganz ohne Sound ins Weltall zu versetzen... (zugegeben, im Weltall gibt es ja auch keine Geräusche). Die Effektrutsche kann nicht ansatzweise mit Hildesheim und Herford mithalten, ist aber immerhin einzigartig in MV, und ich mochte sie lieber als die eher lieblosen Themingrutschen in Plettenberg oder Hengelo.
Das Tempo ist wirklich zahm, mit Dreipunkttechnik schwingt man zumindest in manchen Kurven nett hinauf.
Beide Rutschen starten, enden und verlaufen ungefähr dort, wo einst der halb in der Erde verbuddelte Crazy River floss (obwohl sie einen ganz anderen Verlauf haben). Statt die neuen Rutschen ebenfalls zu verbuddeln, wurde ein enormes Loch gebaggert. (Das macht die Wartung sicher leichter, dafür ähnelt der Blick vom Außenbecken nun einer Mondlandschaft mit Rutschen.) Die neuen Rutschen schlängeln sich ins Loch hinein, durchqueren einen Betonring, in dem (glaube ich) einst das dunkle Zwischenbecken des Rivers lag, und enden im selben Kellerraum wie damals - doch die coole Höhlengestaltung der Landegrotte ist weggefallen.
- (Der alte Black-Hole-Crazy-River wurde leider abgerissen, weil er zu viel Energie verbrauchte, woraufhin die Oase zu einem rutschenlosen Jahrzehnt verdammt wurde. Er war bis dahin die längste Rutsche in MV und hatte zwei Zwischenbecken, eine helle und eine dunkle Hälfte mit Lichtringen und Sternenhimmel sowie eine Landegrotte. Ich habe den Crazy River als recht thrillig und abwechslungsreich in meiner Kindheitserinnerung, rekordverdächtig schnell dürfte er bei den zwei Becken aber eher nicht gewesen sein.)