Letzte Woche besuchten mich meine Eltern, und aufgrund der lang anhaltenden Trockenperiode, wodurch es auch hier im Norden lang anhaltend sehr heiß ist, beschlossen wir am Freitag gemeinsam in ein Freibad zu gehen. Da meine Eltern mit dem Auto kamen, fiel die Wahl auf ein Bad, das man mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht vernünftig erreichen kann, und so ging es nach Wittmund, ganz in der Nähe von Jever, wo das bekannte "friesisch herbe" Pils herkommt.
Das Bad befindet sich südlich des Ortes leicht außerhalb neben einem Campingplatz direkt am Flüsschen Harle. Der Eintritt beträgt für Erwachsene vier, für Kinder zwei Euro, was für das gebotene durchaus human ist, denn die Bezeichnung "Freizeitbad" wurde hier nicht nur gewählt, weil es eine Großrutsche gibt. Es handelt sich wirklich um ein zwar recht kleines, aber vollständig ausgestattetes Freizeitbad.
Im Eingangsbereich findet man die üblichen Dusch- und Umkleideräume. Letztere gibt es nach Geschlechtern getrennt oder als Familienumkleiden. Für die Unterbringung der Sachen stehen, wie heute üblich (außer in Dortmund ;D), Garderobenschränke mit Safe-O-Mat-Pfandsystem zur Verfügung, als Pfand wird eine Ein-Euro-Münze benötigt. Wertfächer gibt es keine, aber die Schränke selbst machen auch einen stabilen Eindruck.
In diesem Eingangsbereich findet man auch eine Besonderheit: Auf einem kleinen Tümpel befinden sich Tretboote, die man gegen Gebühr ausleihen kann für eine kleine Tour auf der Harle. Wir haben das aufgrund der Hitze aber nicht genutzt, sondern sind lieber direkt ins Wasser gesprungen. Dafür bietet das große Badebecken genügend Möglichkeiten. Es handelt sich (zieht man das Planschbecken für die Kleinkinder ab) um eines der Bäder, in denen alle Angebote in einem einzigen Becken untergebracht sind. Im hinteren Bereich ist der Schwimmbereich, der immerhin vier 25m-Bahnen mit Wassertiefen zwischen 1,40m und 2m und Startblöcken auf der tiefen Seite bietet. Dieser wurde bei meinem Besuch hauptsächlich zur Abnahme von Schwimmabzeichen genutzt. Auf der flachen Seite führt ein Kanal unter einer Brücke hindurch in den Erlebnisteil. Von der Brücke ergießt sich von Zeit zu Zeit ein recht heftiger Wasserfall, der im Wechsel mit einer sehr brutalen Wasserkanone in Betrieb ist. Die Wasserkanone haut garantiert jeden um, und wenn man sich richtig fest darunter stellt, tut der Strahl im Rücken fast weh.
Eine weitere Besonderheit sind die Sprühpoller. Der Erlebnisbereich verfügt über einen flachen Beckeneinstieg über eine Schräge, in die Poller eingebaut sind, die nach allen Seiten Wasser sprühen. So werden vor allem Kinder beim Einstieg ins Wasser vorab herunter gekühlt, und der Schock ist dann nicht mehr so erheblich. Obwohl er das bei 25°C Wassertemperatur ohnehin nicht war.
Außerdem findet man noch Massagedüsen auf unterschiedlicher Höhe mit einer Sitzbank davor. Auch diese sind verhältnismäßig stark. Sogar einen Strömungskanal gibt es, bei dem eine Düse bei meinem Besuch die ganze Zeit lief, so dass es durchgängig leichte Strömung gab. Als es zum Nachmittag hin voller wurde, lief der Kanal komplett, und nach dem was ich gesehen habe, sogar durchgängig. Die Strömung ist trotzdem eher familienfreundlich und damit passend zum restlichen Bad, das ganz klar ein Familienbad ist. Im inneren des Strömungskanals wurde noch eine Schaukelbucht platziert, wo man durch Körperbewegung selbst recht hohe Wellen erzeugen kann.
Die Rutschenanlage ist an einem Technik- und Geräteraum angebracht, auf dessen Dach sich eine große Plattform mit den Einstiegen befindet. Zum einen gibt es die klassische Großrutsche, die laut Rutschanleitung 4,3m hoch und 43,8m lang ist. Das sind keine allzu spannenden Werte, jedoch besitzt sie trotz Baujahr 1996 noch einen alten Verlauf. Nach einem leichten Linksschwenk folgt eine Rechts-Links-Rechts-Kombination aus recht scharfen Kurven mit geringem Radius und Geraden dazwischen, wodurch man mit ordentlich Schwung und Dreipunktlage vor allem in den ersten beiden Kurven ordentlich heftig aufschaukelt, teilweise bis über die Seitenblende hinaus. Die Geschwindigkeit ist nicht allzu hoch, aber die Fahrt als solches ist dadurch schön old-school "außer Kontrolle", bevor man per Sofaauslauf im Erlebnisbereich neben dem Strömungskanal landet. Ohne Technik ist man sehr gemächlich unterwegs, so dass die Rutsche sowohl für Fans als auch Familien und Kinder interessant ist.
Die zweite Rutsche ist eine Breitrutsche, die für ihren Typ respektable Werte hat - 14,7m Länge bei 4m Höhe. Sie hat in der Mitte eine markante Bodenwelle. Ich hatte anfangs trotzdem nicht viel erwartet, weil auch nur der leichte Schwierigkeitsgrad angekreuzt ist und der Warnhinweis "Abheben von der Rutschfläche" fehlt. Ich wurde aber eines besseren belehrt. Mit ordentlich Schwung beschleunigt man nämlich bis zur Welle immens, und wenn man sich dann an dem Punkt, an dem die Welle dann kommt, schlagartig aufrichtet und die Arme in die Höhe reißt, hebt man ab und knallt erst unten kurz vor Landung wieder in die Rutsche. Ich würde diese Breitrutsche mit der Anlage im Freibad Zacke in Freital vergleichen. Obwohl ich sonst kein Breitrutschen-Freund bin, bin ich diese sehr oft gerutscht.
Für schlechtere Tage gibt es neben den Tretbooten auch noch viele Trocken-Attraktionen, unter anderem eine Hüpfburg(!), einen Matsch-Spielplatz mit Wasserläufen und Handpumpe sowie einen großen Spielplatz mit Fähre, Seilbahn, Volleyballfeldern, Torwand und sogar einen kleinen Skatepark! Die Anlage war trotz des recht hohen Besucheraufkommens sehr ordentlich und super gepflegt, es war auch viel sehr freundliches Personal zugegen, das gut aufpasste. Dementsprechend war auch das Publikum sehr diszipliniert - ich vermute, dass hier auch Störer rausgeworfen statt Attraktionen gesperrt werden.
Die Badgastronomie war üblicher Freibadstandard, es gab etwas kreativ ausgelegte "Pommes Spezial" mit Ketchup, Mayo, dänischer Remoulade und Röstzwiebeln, bei der mit den Soßen und Pommesgewürz nicht gespart wurde. Die Konsistenz war genau richtig, schön knusprig. Dazu waren Burger und Nuggets in üblicher Freibadqualität im Angebot, natürlich auch Bratwurst und Currywurst, wobei ich aber nicht sehen konnte, ob es sich wirklich um Currywurst oder um Bratcurry handelte (so nennt man bei uns die NRW-Variante aus Bratwurst). Geschmeckt hat es gut, und die Portionsgröße war den Preisen angemessen. Als Bier gab es Jever und Warsteiner, allerdings keine alkoholfreien Varianten für die Autofahrer.
Einziger wirklicher Kritikpunkt neben der schlechten Erreichbarkeit, für die das Bad aber nichts kann, sind die Öffnungszeiten. Es ist das umfangreichste Freibad der Region, hat aber die kürzeste Saison - man startet erst Ende Mai oder Anfang Juni, und hat außerhalb der Hauptsaison (Juli und August) unter der Woche erst ab 13 Uhr geöffnet. Kundenfreundlicher wäre, wenn die Bäder im Umkreis, die weniger bieten, diese kurze Saison hätten und Isums dafür bereits Anfang Mai und gleich die ganze Woche ab 10 Uhr öffnen würde, zumal ein Campingplatz gleich nebenan liegt. Allerdings kann man sich darauf einrichten, und wenn man sich zur Hauptsaison in der Region befindet, sollte man hier auf jeden Fall mal vorbei schauen. Nettes Detail am Rande: Ich frage ja grundsätzlich vorher nach, ob die Attraktionen, die für mich wichtig sind, vor allem Rutschen, auch funktionsfähig und geöffnet sind. Man entgegnete mir dort, dass im Defektfall gleich am Eingang ein Schild hängen würde, das darüber informiert, da man, so wörtlich der Schwimmmeister, "nicht die Leute Eintritt bezahlen lassen und mit Vorfreude ins Bad kommen lassen kann, und dann ist die Attraktion, wofür man gekommen ist, gar nicht offen". Das ist wieder gelebte "Kleinbad-Kundenfreundlichkeit".