Ich hatte mich in der letzten Zeit etwas aus der Bäderwelt zurückgezogen, war verstärkt hier "vor der Haustür" baden und bin nicht groß weiter weg gekommen. Ich hatte auch nicht mehr wirklich was aus Bädern zu berichten. Aber die Woche vor Ostern hatte ich mal wieder Gelegenheit und auch richtig Lust auf einen Kurzurlaub und den Besuch eines der "großen". Da in Plettenberg der Unsinn mit den "1 Euro pro Rutschen" endlich Geschichte ist, hatte auch meine bisherige kategorische Weigerung, dort hin zu fahren, keine Grundlage mehr, also riskierte ich es einmal. Nun, bei dieser Reise muss ich sagen: "Erstens kommt es immer anders, und zweitens als man denkt".
Am Sonntag war zunächst die Loopingrutsche defekt. OK, kann ja mal passieren, aber wie damit umgegangen wird, ist eines - primär wegen der Rutschen - mehrfach ausgezeichneten Bads nicht würdig. Es fiel lediglich das Drehkreuz aus, und deswegen wurde gleich die ganze Rutsche gesperrt. Erwartet hätte ich "Handbetrieb" mit zwei Schwimmmeistern - einer oben, einer unten, und immer, wenn unten einer ankommt, wird nach oben gefunkt: "Kannst den nächsten schicken". Genau so wurde es bei meinem letzten Besuch im Palm Beach gehandhabt, als die Sicherheitstechnik der Pegasus II ausfiel. Aber hier nicht. Auch der Techniker hätte am Wochenende keinen Dienst, um den Defekt zu reparieren. In Bad Tölz klappte sowas sogar am Silvestermorgen!
Das übrige Bad bestätigte diesen ersten Eindruck weiter. Die Badehalle hat die Akustik einer Bahnhofshalle, und wenn es so brechend voll ist, wie es am Sonntag war, bekommt man vor lauter Gekreisch bereits nach wenigen Minuten Kopfschmerzen. Klar, es sind Ferien, und solche großen Bäder sind dann auch voll. Aber leider zwingt einen das Aquamagis, in den Ferien zu kommen, da die Captain's Canyon die wohl bescheuertsten Öffnungszeiten hat, die ich kenne. Es gibt noch nicht einmal einen offensichtlichen Grund - Schwimmmeisteraufsicht gab es keine, und auch das Personal wusste nicht warum ("Vorgabe der Geschäftsleitung").
Der Saunabereich wirkt auch wie gewollt und nicht gekonnt - von der Sache her hat er eigentlich alles, was man sich so wünscht - verschiedene Saunen, kleinen Pool mit Sprudelliegen und Gegenstromanlage, Whirlpool, Kaltwasserzone... - aber die Anlage selbst, vor allem der Saunagarten, wirkt etwas lieblos. Selbst in Delmenhorst hat man den besser hinbekommen. Die Evento-Sauna wird als Sauna mit Effekten angepriesen, aber das ist nichts weiter als ein 30-Sekunden-Loop mit Vogelgezwitscher und Geplätscher und eine LED-Lichtinstallation im Matrix-Stil. Was eine richtige Effektsauna ist, sollen die sich mal im H2O in Herford ansehen, am Beispiel der "Vesitorni" oder "Terra". Die Krönung ist aber die Textilsauna, wofür einfach ein Teil der normalen Sauna abgetrennt und notdürftig ein paar Planen als Sichtschutz hingehängt wurden.
Die Aufgüsse waren auch nichts besonderes. Ich bin ja nicht so der Freund von diesem "heiligen Ernst", also "bitte alle mucksmäuschenstill und jetzt gieße ich mal meine paar Kellen auf den Ofen und gut is", sondern mag eher lockere Aufgüsse, in denen man sich auch unterhalten darf und wo es immer wieder hier und da kleine Extras gibt. Auch hier ist Herford für mich wieder Maß der Dinge, hier gibt es zu JEDEM Aufguss irgendetwas, Obst, Fruchtsaft, Tee, Eis, um die Weihnachtszeit Glühwein oder bei den letzten beiden Aufgüssen am Abend sogar "Kurze".
Doch etwas geschockt von dieser herben Enttäuschung und der mir entgegen gebrachten Massenabfertigung entschloss ich mich dann am Montag ins Freizeitbad Netphen zu fahren. Und was soll ich sagen: Dieses Bad hat für alle Erlebnisse vom Sonntag wieder entschädigt! Das fing dabei an, dass man bereits vor Badöffnung eintreten und schon einen Kaffee trinken konnte, ging über vernünftige Temperaturen im Badbereich (im Aquamagis war es ziemlich frisch), eine klasse Rutsche von Rolba mit ordentlichen Schleuderkurven und spaßigen Plumpsauslauf bis zum echt gemütlichen Saunabereich, in dem ich mit Freude den Tag verbrachte. Das Bad ist zwar viel kleiner, aber meiner Meinung nach viel gemütlicher als das Aquamagis. Vor allem der Saunagarten ist klasse und ich freue mich immer wieder, wenn ich in kleine "Provinzbäder" gehe und dort dann erkenne, dass man offensichtlich mit Herzblut und Liebe versucht, aus wenig viel zu machen. Und meistens klappt das auch wirklich gut. Was man aus dem schmalen Streifen zwischen Bad und Ablauf der Talsperre gemacht hat, braucht sich nicht hinter großen Bädern zu verstecken. Am gemütlichsten fand ich die kleine Fasssauna. Auch von der Gastronomie in Netphen können sie sich im Aquamagis eine Scheibe abschneiden, gesetzt dem Fall, man isst in der Saunagastronomie. Dort ist die Speisekarte zwar sehr übersichtlich, aber sämtliche Gerichte werden dort hausgemacht! Die gefüllte Paprikaschote mit Gemüsereis, die ich dort hatte, kam schon an das Niveau so manchen Restaurant-Essens heran.
Das Freizeitbad Netphen ist eine echte Perle der deutschen Bäderlandschaft und war das schönste Bad, das ich auf meiner Reise besuchte, und auch das, in dem ich den meisten Spaß hatte. Ich würde es sogar dicht hinter dem H2O in Herford als das zweitschönste Bad in NRW bezeichnen, und in meinem privaten Gesamtranking erreicht es bei den Hallen- und Kombibädern sogar Platz 5.
Durch den Sturm konnte ich am Dienstag nicht weg, da der Nahverkehr in NRW weitestgehend eingestellt war, so ging ich gezwungenermaßen nochmal ins Aquamagis, konnte dann wenigstens die Loopingrutsche noch nachholen. Auch am Mittwoch ging ich nochmal hin, da ich zu lange schlief, um noch groß weg zu fahren. Das war allerdings ein Fehler, da es diesmal so voll war, dass ich sofort die Simpsons-Folge mit dem Mt. Splashmore im Kopf hatte. Es war sogar noch voller als am Sonntag. Ich flüchtete nach zwei Stunden nach Finnentrop ins Finto, wo leider Damensauna war, aber das Bad als solches mir noch drei gute Stündchen Badespaß brachte, trotz nur einer 58m-Rutsche mehr als ich im überfüllten Aquamagis gehabt hätte. Die Fugen der Rutsche waren keineswegs unangenehm und schmerzhaft, hier muss man wohl ausgebessert haben (oder ich bin hart im Nehmen...), und mit Dreipunkttechnik kann man hier auch gut schnell werden. Klar ist die Anlage nicht mit der in Netphen oder gar der Plettenberger Black Hole zu vergleichen, aber Spaß hatte ich auf dieser Rutsche auch. Der besondere Thrill ist hier das kurze Landebecken, da man aus der Kurve seitlich einschlägt und mitunter bis zum Ende durchrutscht, wo man mit den Füßen an das Ablaufgitter stoßen kann.
Es bestätigt sich also für mich einmal mehr: Die schönsten Bäder sind die, die so gut wie niemand kennt. Die nicht auf den Zug "wir müssen 10 Rutschen haben und davon 8 mit außergewöhnlichen Specials" springen. Die viel aus wenig vorhandenen Ressourcen machen und dabei mit echtem Herzblut dahinter stehen. Die ihre Kunden auch als solche behandeln, und nicht nur abfertigen. Am besten ist es natürlich, wenn man den Spagat schafft und zusätzlich auch noch besondere Rutschen anbietet, aber das ist bisher einzig und allein dem H2O Herford gelungen.